Startup Agenda Rheinland-Pfalz 2021-2026

Eine neue Gründerzeit – jetzt erst recht

Die „Corona“-Krise wirkt wie ein Katalysator auf die rheinland-pfälzische Wirtschaft. Ganze Branchen stehen vor dem „Aus“. Andere, die agil und innovativ aufgestellt sind, prosperieren. Diese Marktlage bietet besondere Chancen für junge, innovative Unternehmen. Gerade jetzt bedarf es daher größter Anstrengungen seitens der Politik, Gründer*innen und Startups in Rheinland-Pfalz zu fördern. Damit sind strukturelle, infrastrukturelle, ideelle und finanzielle Maßnahmen gemeint, die helfen können, vorhandene Potenziale von Gründer*innen zu entwickeln und zu nutzen. Startups in Rheinland-Pfalz zu stärken, heißt die rheinland-pfälzische Wirtschaft fit zu machen für die Zukunft!
Dafür brauchen wir eine neue Gründerzeit. Diese zu erreichen erfordert ein Umdenken in unterschiedlichen Politikbereichen. Schulen müssen frühzeitig damit beginnen für Unternehmertum zu werben. Die Infrastruktur muss auf das Zeitalter der Digitalisierung angepasst werden, was einen flächendeckenden Breitbandausbau unbedingt erfordert. Die Verwaltung muss effizienter werden und Gründer*innen bürokratischen Aufwand abnehmen, anstatt diesen zu erzeugen. Öffentliche Förderinstrumente müssen stärker auf die Belange von Startups zugeschnitten werden. Vor allem aber ist die gesellschaftliche Wahrnehmung von Unternehmer*innen zu erhöhen. Die Anerkennung für unternehmerische Leistungen muss gesteigert werden. Das kann u. a. gelingen, indem die Erfolge von Vorbildern stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Zudem ist eine gesellschaftliche Verwurzelung der “Kultur der zweiten Chance” erforderlich. Menschen muss die Angst vor dem Risiko einer eigenen Unternehmensgründung genommen werden. Wir brauchen ein gesellschaftliches Umfeld, das zum Gründen ermutigt.

 

Startup-Perspektive berücksichtigen:
Eine umfassende Digitalisierungsstrategie für Rheinland-Pfalz

Wir befinden uns bereits mitten in der Digitalisierung aller Lebens-, Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche. Gerade die aktuelle Corona-Krise macht deutlich, wie notwendig digitale Lösungen sind, um in allen gesellschaftlichen Bereichen Hilfestellung bieten zu können. Dennoch sind große Teile dieser Bereiche noch weitgehend davon unberührt. Noch immer existiert in Rheinland-Pfalz keine umfassende Digitalstrategie. Startups sind in dem Digitalisierungsprozess ein wichtiger Katalysator.
Voraussetzung für digitale Anwendungen ist dabei zwingend eine hinreichende digitale Infrastruktur.

Wir fordern:
Die Digitalisierung darf nicht wie ein Fremdkörper verstanden werden, der in bereits bestehende Prozesse und Arbeitsabläufe integriert werden kann. Vielmehr muss punktuell angesetzt und nach konkreten Problemen gesucht werden, die durch die Digitalisierung möglicherweise gelöst werden könnten. Dafür ist eine Digitalstrategie erforderlich. Diese muss dort ansetzen, wo sich konkrete Probleme identifizieren und beheben lassen. Im Rahmen von Public Private Partnerships können beispielsweise schnell praxisnahe, pragmatische und effektive Lösungen geschaffen werden.
Zur Koordinierung sämtlicher digitaler Initiativen ist darüber hinaus ein Digitalministerium dringend erforderlich. Ein entsprechendes Ressort sollte eine Querschnittsfunktion einnehmen. Dazu gehört auch die digitale Betreuung der weiteren Ressorts.
Die entscheidende Rolle von Startups bei der Bewältigung der Herausforderungen der Digitalisierung macht es erforderlich deren Sichtweise und Perspektive in politische Prozesse zu integrieren. Wir fordern daher ein institutionalisiertes Startup-Sprachrohr in der künftigen Landesregierung, z. B. in Form eines permanenten Beirats.

 

Finanzierung erleichtern:
Mehr Business Angel und ein Wachstumsfonds der ISB


Business Angels sind oftmals erfahrene Unternehmer*innen. Jungen Startups stehen sie nicht nur finanziell, sondern mit ihrer ganzen unternehmerischen Erfahrung zur Seite. Für ein vitales Startup-Umfeld sind sie daher von großer Bedeutung. Das gilt insbesondere für regionale Startup-Netzwerke. Daher benötigen wir in Rheinland-Pfalz mehr Business Angels. Zudem ist es von besonderer Relevanz die Angebotsmöglichkeiten zur Finanzierung von Startups ganzheitlich zu betrachten. Insbesondere in der Wachstumsphase ist das Angebot an Wagniskapital unzureichend. Anders als in anderen Bundesländern gibt es in Rheinland-Pfalz keinen Wachstumsfonds der Förderbank. Das kann dazu führen, dass Startups mit starker Wachstumsperspektive auf andere Standorte ausweichen.

Wir fordern:
Die Aktivitäten von Business Angels müssen in Rheinland-Pfalz regional durch Netzwerke gestärkt werden, um die Potenziale aus der Region für die Region besser zu nutzen. Dazu gehört auch, mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit über die Rolle von Business Angels zu informieren.
Die Wachstumsfinanzierung muss gestärkt werden. Dafür sollte ein Wachstumsfonds der ISB geschaffen werden. Mit dessen Hilfe kann das Wachstum von Startups gestärkt und ihr Verbleib in Rheinland-Pfalz erleichtert werden. Dabei kann es hilfreich sein, erfolgreiche in Rheinland-Pfalz ansässige Unternehmen bei der Planung und Ausgestaltung mit einzubeziehen.

 

Entrepreneurship auf den Stundenplan:
Mehr unternehmerische Bildung


Eine offene Einstellung zum Unternehmertum bei jungen Menschen muss schon durch die Verankerung von Entrepreneurship in Schule und Hochschule gefördert werden. Die Einführung einer wirtschaftlichen Grundbildung in den Schulen, ist zwar ein wichtiger erster Schritt, reicht aber nicht aus.
Mit insgesamt fünf Universitäten und zahlreichen weiteren (Fach-) Hochschulen verfügt Rheinland-Pfalz über eine bundesweit überdurchschnittlich hohe Hochschuldichte. Aus dieser gut ausgebauten Bildungslandschaft gehen jedoch zu wenig Unternehmer*innen hervor. Hochschulen und Universitäten bilden ihre Studierenden nicht flächendeckend in diesem Thema aus. Entrepreneurship ist ein Querschnittsthema, das nicht nur in einen BWL-Studiengang gehört, sondern insbesondere auch für Studierende der MINT-Fächer relevant ist. So wurde SAP ursprünglich von fünf Personen gegründet: Vier Ingenieure und ein Betriebswirt.

Wir fordern:
Mehr Entrepreneurship-Studiengänge und -Lehrstühle an Universitäten und Hochschulen. Dabei kommt es darauf an, die Studierenden fächerübergreifend für eine Unternehmensgründung zu begeistern. Darüber hinaus sollten die Lehrstühle, neben der Ausbildung von Doktorand*innen, auch Gründer*innen fördern dürfen und dazu im gleichen Maße incentiviert werden. Ferner sollte das Land weitere Stiftungsprofessuren einrichten.

 

Digitalisierung stärken:
Die Verwaltung zum Partner von Startups machen

Regulierungen und Bürokratie sind oftmals ein Gründungshemmnis und können zu echten “Wachstumskillern” für Startups werden. Innovationen bringen es mit sich, dass sie in etablierte Förderkonzepte oder bestehende Aufsichtsregelungen und Verwaltungsvorschriften nicht immer problemlos eingeordnet werden können. Wir brauchen eine zeitgemäße digitale Verwaltung, die administrative Prozesse erleichtert, statt Bürokratie zu kreieren. Für den Digitalisierungsprozess der Verwaltung sind Datenschnittstellen im Sinne von Open-Data unerlässlich, über die innovative Unternehmen einen Zugang zu bestimmten nicht-personenbezogenen Daten bekommen (z. B. Verkehrsdaten des ÖPNV, Umwelt- oder Emissionsdaten). Auf deren Grundlage können Startups weiterhin innovative Lösungen in den verschiedensten Geschäftsbereichen entwickeln.
Auch im Bereich des öffentlichen Vergabeverfahrens sind Startups unterrepräsentiert. Ursächlich ist hier vor allem das Alter der Unternehmen: Junge Startups können selten Referenzen zu bereits erfolgreich durchgeführten Projekten vorweisen.
Bestehende Angebote der öffentlichen Gründungsberatung verfehlen oftmals die Bedürfnisse von Startups. Aufgrund des hohen Innovationsgrades unterscheiden sich die Anforderungen stark von klassischen Unternehmensgründungen und erfordern daher einen zielgenauen Ansatz.

Wir fordern:
Die Verwaltung darf sich dem Digitalisierungsprozess nicht entziehen, sondern sollte diese mitgestalten. Datenschnittstellen zu innovativen Unternehmen und die Bereitstellung von Open-Data bringen diesen Prozess voran.
Startups müssen in Rheinland-Pfalz im öffentlichen Vergabeverfahren stärker berücksichtigt werden. Das ist Innovationsförderung zum Nulltarif. Dafür müssen die Eignungsanforderungen bei Ausschreibungen generell angepasst werden und Innovationspartnerschaften stärker Anwendung finden. Entsprechende Schulungen für die Beschaffer*innen zu vergaberechtlichen Entwicklungen sollten verpflichtend sein und best practices erarbeitet werden. Darüber hinaus sind Informationen zu öffentlichen Vergabeverfahren für junge, technologieorientierte Unternehmen massiv auszuweiten. Insgesamt ist mehr Vernetzung zwischen Verwaltung und Startups erforderlich, um das gegenseitige Verständnis zu fördern und Innovationspotential öffentlicher Vergabe zu heben.
Die öffentliche Beratungs-Infrastruktur muss sich verstärkt auf Startups als Innovationstreiber fokussieren. Hierzu müssen Gründungsbüros mit praxisrelevanter Kompetenz ausgestattet werden. Eine solche Besetzung kann zudem genutzt werden, um bereits vorhandene Förderprogramme erfolgreicher umzusetzen. Ein transparentes Monitoring der Ergebnisse von Gründungsförderung ist zwingend notwendig.

 

Zum Bundesverband Deutsche Startups e.V.

Wir glauben, dass Startups die treibende Wirtschaftskraft der Zukunft sind. Wir wollen diesen Vordenker*innen zur Seite stehen, in dem wir ihre Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit vertreten. Wir gestalten Debatten zu zentralen Themen dieses selbstbewussten Startup-Ökosystems und setzen sie auf die politische Agenda. In unserem Netzwerk schaffen wir einen gleichberechtigten Austausch zwischen Startups, etablierter Wirtschaft und Politik. Wir geben Gründungswissen und -erfahrung von Generation zu Generation weiter und tragen die Startup-Kultur in Mittelstand und Konzerne. Wir wollen Deutschland und Europa zu einem gründungsfreundlichen Standort machen, der Risikobereitschaft honoriert und den Pionier*innen unserer Zeit die besten Voraussetzungen bietet, um mit Innovationskraft erfolgreich zu sein. Dabei leitet uns die Vision einer offenen, gleichberechtigten und fortschrittsorientierten Gesellschaft.
Über regionale Netzwerke sind wir auch in den Bundesländern organisiert. Diese Startup-Agenda 2021-2026 wurde von der Regionalgruppe Rheinland-Pfalz erarbeitet.

Deine Ansprechpartner – Unsere Landessprechende in Rheinland-Pfalz